Iman Le Caire: Die Menschenfreundin, die asylsuchende Transpersonen rettet
Was die in Kairo geborene Aktivistin Iman Le Caire in ihrer Kindheit alles durchmachen musste, ist schlichtweg entsetzlich. „Fremde, Nachbarn und sogar Mitglieder meiner eigenen Familie haben mich missbraucht“, erzählt sie. Und ihr wurde weisgemacht, dass sie selbst für den Missbrauch verantwortlich wäre. „Sie betrachteten mich als ‚Sündenkind‘. Sie meinten, ich würde die Leute mit meiner ‚femininen‘ Art anziehen.“ Erstaunlicherweise war sie in der Lage, diesen grauenvollen Start in ihr Leben zum Wohl anderer zu nutzen: Sie gründete die Organisation Trans Asylias, die asylsuchende, oft vor lebensbedrohlichen Situationen fliehende Transpersonen unterstützt.
Le Caire selbst floh mit 15 Jahren vor ihrer Familie. Doch ihre Lage änderte sich nicht von heute auf morgen. Sie erinnert sich an diese „schreckliche Zeit“, in der sie mal bei anderen queeren Freunden unterkam und mal auf der Straße schlafen musste. Es ging ein wenig bergauf, als sie an einem Tanz-Workshop im Opernhaus Kairo teilnahm, was schließlich zu einer Karriere als Tänzerin und Choreographin führte.
„Mit Musikvideos für [die marokkanisch-ägyptische Sängerin] Samira Said fing ich an, Geld zu verdienen, und mein Leben wurde langsam etwas besser.“ Die Gewalt, Verfolgung und Verhaftungen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung hörten jedoch nicht auf. „Es gab so viel Polizeischikane. Ich hatte Angst“, gibt Le Caire zu. „Ich wollte [das Land] unbedingt verlassen.“ 2008 erhielt sie ein Touristenvisum für New York. Dies veränderte alles. „Als ich den Flughafen [in Kairo] betrat, sah ich Polizisten und dachte sofort, sie würden mich verhaften. Sowie das Flugzeug in der Luft war, ließ ich einen Schrei los – ich platzte vor Freude.“
Le Caire besiegte ihre Drogensucht, der sie aufgrund der traumatischen Erlebnisse ihrer Vergangenheit verfallen war, und kämpft mittlerweile für die Rechte von Transpersonen. Die „Black Lives Matter“-Bewegung 2020 mobilisierte ihre Bemühungen noch zusätzlich. „Ich verließ Kairo, kam hierher und dann das? Transsexuelle werden getötet? Nur über meine Leiche“, sagt sie.
Le Caire träumt nun davon, ein „heilendes Zuhause“ für Transpersonen zu schaffen, das nicht nur Ärzt*innen und Therapeut*innen umfassen soll, sondern auch eine liebevolle, empathische Gemeinschaft. „Dort“, sagt sie mit einem Lächeln, „werden sie alles haben, was sie brauchen.“
Noran Morsi ist eine freischaffende Journalistin in New York City mit Wurzeln in Kairo. Sie studiert an der New York University literarische Reportage im Masterprogramm und ist YouTube-Journalistin.
